Ohne Euch

Ohne Euch

Sonntag, 1. Oktober 2017

Unendlicher Schmerz

Letzte Nacht lag ich wieder lange wach. Ich musste daran denken, dass ich genau vor einem Jahr gerade schwanger war. Ich hatte irgendwann wieder dieses Gefühl, dass es mich innerlich zerreißt. Es tut so unendlich weh, dass ich keines meiner Kinder bei mir halten konnte, dass ich nichts dagegen tun konnte, dass sie mich verlassen haben. Wenn ich an diese Zeit zurückdenke, als ich dich, meine geliebte Tochter Stella unter meinem Herzen trug, kann ich mich kaum noch an das Glück erinnern, welches ich empfunden habe. Die Trauer und der Schmerz sind so unendlich groß, ich fühle mich um mein Glück betrogen. Und frage mich wieder und wieder: Warum? Warum konnte das Schicksal mir nicht dieses eine Glück gönnen? Warum musste unsere kleine Stella so krank sein, dass sie uns verließ, noch ehe wir sie kennen lernen konnten? Warum musste mir das genommen werden, was ich mehr als alles andere ersehnt habe? Was habe ich getan, dass ich so brutal und schrecklich bestraft wurde? Warum musste ich drei Mal erleben, wie mein Leben zerbrach? Warum?

Ich werde es nie verstehen. Es ist einfach nur unfassbar ungerecht. Warum dürfen so viele Menschen um mich herum dieses Glück erfahren und ich nicht? Jeden Tag werde ich auf's neue damit konfrontiert, immer und immer wieder. Und werde es, bis an mein Lebensende. Es ist nichts, was vergeht, es ist nichts, was irgendwann wieder gut ist. Ich wurde um mein Leben mit meinen Kindern betrogen. Alles tut weh, der Kloß in meinem Hals ist riesig und die vielen Wunden an meinem Herz bluten wieder. Die Zeit heilt einen Scheiß, die Wunden werden immer da sein, zeitweise sind sie vernarbt, aber sie brechen immer und immer wieder auf und ich habe das Gefühl, desto mehr Zeit verstreicht, desto tiefer werden sie. 

Ich habe das Gefühl, ich kann nie mehr sagen, dass das Leben schön ist. Es ist nicht schön. Es fehlt so viel, was ich nie wieder bekomme. Manchmal versuche ich mir vorzustellen, wie es sein wird, wenn wir uns eines Tages wiedersehen. Aber selbst das klappt nicht mehr. Sonst hatte ich immer noch vereinzelte schöne Gedanken, die mich aufgebaut haben, wenn es mir mal so richtig schlecht ging. Da war sie einfach auch noch da, diese Hoffnung, die mich über so viele Jahre getragen hat. Die ist aber für immer verschwunden. Und mit ihr diese Bilder, die mich so lange glücklich gemacht haben, die Vorstellung, wie es wäre, eines Tages ein Kind im Arm zu halten. Ich werde nie mehr fliegen können, Peter Pan, denn mir fehlen diese schönen Gedanken dazu. 

Vor einem Jahr hatte ich jetzt noch 6 Wochen Schwangerschaft vor mir. Noch 6 unschuldige Wochen, in denen ich wieder so viel Angst und Sorgen hatte, aber auch 6 Wochen, in denen du noch bei mir warst, in denen wir so stark miteinander verbunden waren, meine Stella. Ob ich noch mal die Zeit zurückdrehen möchte? Nein, denn dann müsste ich dich noch mal gehen lassen. Und noch einmal erleben, dass ich so machtlos und ohnmächtig bin, dass ich nichts dagegen tun kann. Mir bleiben nur die Erinnerungen an diese Zeit und an dich, mein wunderschönes kleines Mädchen. Und eines Tages sehen wir uns wieder...