Ohne Euch

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Samstag, 9. Dezember 2017

Trisomien - Wenn ein kleines Extra alles verändert

Nachdem Stellas Herz stehen blieb, wurde sie untersucht. Endlich wurde untersucht, warum auch das  Herz unseres dritten Kindes stehen geblieben war, obwohl alles immer so gut aussah. Das wird in Deutschland erst nach der dritten Fehlgeburt gemacht, was ich bis heute nicht nachvollziehen kann. Warum wird das nicht schon nach der zweiten gemacht? Eine zweite Fehlgeburt ist im Vergleich zu einer schon wesentlich seltener, warum guckt man da nicht schon, woran es liegt, sondern lässt die Gefahr zu, dass es ein weiteres Mal passieren kann. Jede einzelne Fehlgeburt ist so ein schreckliches, traumatisches Erlebnis. Es zerrüttet jegliches Vertrauen in den doch eigentlich so "normalen Vorgang" Schwangerschaft. Meine zweite Schwangerschaft war schlimm, ständig diese Angst, dann dazu noch die ständigen Probleme und Komplikationen. Ich konnte sie keinen Tag wirklich genießen. Da war kurz die Freude, dass es geklappt hat, und dann war Angst und Panik an der Tagesordnung. Und schließlich wurde ja alles wahr, wovor wir so große Angst hatten. Und die dritte Schwangerschaft war noch mal anders. Sie entstand durch eine künstliche Befruchtung. Wir wussten so genau alles, was passierte. Zwei befruchtete Eizellen wurden transferiert, wir wussten, ab wann man wusste, ob es geklappt hat und danach dann immer genau, wie alt das Kind war, wie weit es sein musste. Auch da war diese Angst so allmächtig. Bei jedem Ultraschall ging der Blick immer zuerst zum Herz, ob es noch schlug. Und dann, am 11.11.16, am Tag, wo die 12. Woche begann, schlug es nicht mehr. Ich weiß natürlich nicht, ob es etwas geändert hätte, wenn man unser zweites Kind schon untersucht hätte, aber zumindest hätte man da schon mal mehr gewusst, was schief lief. 

Stella wurde untersucht. Dadurch wissen wir, dass sie ein Mädchen war und dadurch wissen wir, dass sie Trisomie 21 hatte. Sie starb, ehe wir es erfahren konnten. Ehe dieser Apparat in Gang gesetzt wurde, ehe der erste Arzt sagte, er glaubt, das ist was nicht ok. Oder ehe der obligatorische Feinultraschall ansteht. Spätestens da hätte man uns wohl gesagt, dass unser Kind krank ist, dass die Möglichkeit besteht, dass es eine Chromosomenstörung haben könnte. Dann wäre vielleicht eine Fruchtwasseruntersuchung gemacht worden. Und irgendwann hätten wir dann wohl erfahren, dass Stella eine Trisomie 21 hat. Ich weiß nicht, was ich gemacht hätte, aber heute, nach allem was war, habe ich so den Wunsch, diese Möglichkeit überhaupt zu haben. Ich hätte mich so gerne für unser kleines Mädchen entschieden. Hätte sie willkommen geheißen und ihr die Welt gezeigt. Ich bin Kinderkrankenschwester, ich weiß zu gut, was es bedeutet. Trisomie 21 kann so verschiedene Auswirkungen haben, von leicht behindert mit geringen Einschränkungen bis hin zu schwersten Behinderungen, körperliche und geistige. Dennoch hätte ich das Abenteuer mit Stella so gerne gewagt. Sie hat uns diese Entscheidung abgenommen, wahrscheinlich war ein Herzfehler schuld. Dennoch denke ich so oft darüber nach, wie es gewesen wäre, ein Leben mit Stella und ihrem kleinen Extra. 


Nur eine Handvoll Leben



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