Ohne Euch

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Mittwoch, 19. Februar 2014

Abschied - Mai 2010

Sonntag, 9. Mai 2010

Abschied

 
 
Ich schiebe es jetzt schon so lange vor mir her, aber ich möchte es unbedingt aufschreiben, um nichts zu vergessen. Um Dich nicht zu vergessen.
Immer mehr Zeit vergeht, in der Du nicht bei mir bist. Mittlerweile wärst Du schon ein halbes Jahr alt. Immer wieder kommst Du in meine Gedanken, bist einfach da.
Wie wäre unser Leben, wenn Du jetzt bei uns wärst? Ich weiss, es wäre wundervoll. Aber ich muss lernen, das das nur Träume sind und nie so sein wird. Muss ich Dich gehen lassen?


 
Kurz vor Deinem ersten Todestag war eine Trauerfeier von dem Krankenhaus, in dem ich war. An der letzten konnte ich leider nicht teilnehmen. Aber es war mir so wichtig, es zu tun. Und sie fand eine Woche vor dem Tag statt, wo ich Dich verloren habe...vor einem Jahr.


Dein Papa und ich fuhren zu einem grossen Friedhof in der Stadt. Monatelang hab ich zwar viel an Dich gedacht, aber ich kam damit klar. So bald wir an der Trauerhalle waren und ich nur das Schild las, kamen mir die Tränen. Es war schlagartig alles wieder da. Der Schmerz, die Trauer, die Verzweiflung. Ich fühlte mich sofort wieder zurück versetzt.
Mein Kind, Du warst wieder bei mir, ganz nah und doch unerreichbar. Auch Dein Papa hat sehr gelitten.
Ich bin so froh, das er bei mir war. Er war immer da und er hat mir soviel Kraft gegeben.


Es gab eine Trauerfeier, geleitet von einem katholischen und protestantischen Pfarrer und die beiden waren wirklich wunderbar. Sie gaben uns Raum zum trauern, haben uns durch diese schwere Zeit geleitet.
Ich habe so geweint, es kam alles wieder hoch und es war, als würden die Tränen meine Liebe zu Dir bringen. Auch Dein Papa hat sehr geweint, wir haben zusammen geweint und getrauert.



Wir haben eine Kerze für Dich angezündet, um Dir den Weg in den Himmel zu erleuchten. Ich bin mir sicher, sie hat Dir den Weg gezeigt. Es war so schwer, wieder kamen diese Fragen. Warum nur hast Du mich verlassen? Warum konntest Du nicht bei uns bleiben? Ich hab Dich so geliebt...ich liebe Dich in jeder Sekunde meines Lebens. Es ist so leer und trostlos ohne Dich, aber ich weiss auch, das ich es akzeptieren muss. Ich möchte aber nicht sagen, das es einen Sinn hatte, denn was kann es für einen Sinn haben, mein geliebtes Kind zu verlieren? Es gibt keinen Sinn...


Nach der Trauerfeier sind wir in einem kleinen Trauerzug, mit uns waren ca 15 andere Eltern da, die auch ein Kind verloren haben, über diesen Friedhof gegangen. Dein Papa hielt meine Hand und ich fühlte mich so hilflos. Warum musste ich da, in diesem Moment über diesen Friedhof gehen und mein Kind beerdigen, das ich nie kennenlernen durfte?


Wir kamen an eine Stelle, die auf den ersten Blick wunderschön war. Es waren Kindergräber, geschmückt mit wunderschönen Blumen, Windrädern, bunten Steinen, Spielzeug. Und in einem solchem Grab wurde eine Urne hinabgelassen. Es gibt jetzt einen Ort, an dem Du für mich greifbar bist. Aber es ist egal, wo ich bin, Du bist immer bei mir, tief in meinem Herz. Du hast dort diesen Platz, den nie mehr jemand anders einnehmen kann.


So viele gemischte Gefühle kamen in mir hoch, als wir vor Deinem Grab standen. Es war endlich ein kleiner Abschied, aber ich werde nie ganz abschliessen können. Du wirst immer bei mir sein, immer in meinen Gedanken, immer in meinem Herzen. Dein Papa und ich haben uns fest gehalten, wir waren in diesem Moment vereint in Gedanken bei Dir.


Bitte tu mir einen Gefallen, versuche Papas Papa zu finden, ich bin mir sicher, ihr werdet Euch verstehen. Und dann sag ihm, das sein Sohn, Dein Papa, ihn so sehr vermisst und das er ihn über alles liebt! Ihr seid jetzt  beide in seinem Herzen und es würde ihm viel bedeuten, wenn er wüsste, das ihr Euch gefunden habt.


Mein Kind, ich liebe Dich, ich werde Dich immer lieben. Aber ich glaube, ich muss Dich auch gehen lassen. zumindest ein bisschen. Du bleibst immer bei mir, aber ich muss auch mein Leben leben. Und ich werde es leben, mit dir in meinen Gedanken und in meinem Herzen. Mama vergisst Dich nie.